Wissenschaft & Forschung
Aktuelles aus der SysDok Forschung
Aktuelles aus der Forschung
Versorgungs und Prozessforschung in der Systemischen Therapie
Im Jahr 2018 wurde die Systemische Therapie vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) offiziell als psychotherapeutisches Richtlinienverfahren anerkannt. Nach der formalen Umsetzung dieser Entscheidung kann seit Mitte 2020 Systemische Psychotherapie im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet werden. Diese Neuerung führt zu umfassenden Änderungen in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland.
Während die Systemische Therapie in kontrollierten Studiensettings umfassend erforscht wurde, liegen bisher nur unzureichende Daten aus der Prozess- und Versorgungsforschung vor und es gibt keine empirischen Anhaltspunkte dazu, in welcher Form die Systemische Therapie in der deutschen Routineversorgung eingeführt und umgesetzt wurde.
Fragestellungen
Mit den Erhebungen im Projekt SysDok sollen grundlegende Fragen zur Implementierung der Systemischen Therapie in der Routineversorgung erfasst werden. Darüber hinaus werden wichtige Prozessvariablen der Systemischen Therapie erfasst:
Wie wirksam ist die Systemische Therapie in der Routineversorgung (Effectiveness)?
Zu dieser Frage wird die Veränderung der psychischen Belastung und des systembezogenen Funktionsniveaus auf individueller Ebene und auf der Ebene von mitbehandelten Angehörigen im Mehrpersonensetting untersucht.
Welche Prozessvariablen tragen zum Therapieerfolg bei?
Es werden potienzielle Prozessvariablen (Moderatoren & Mediatoren) in den Blick genommen. Dazu zählen die therapeutische Beziehung, Ressourcen der Patient:innen, systembezogene Mediatoren und soziodemographische Variablen.
Wie wird die Systemische Therapie im Versorgungssystem implementiert?
Zu dieser Frage wird betrachtet, von wem und in welcher Form die Systemische Therapie in der Routineversorgung in Anspruch genommen wird. Mögliche negative Effekte und unerwünschte Wirkungen werden routinemäßig erhoben.
Messinstrumente
SysDok basiert auf validierten Fragebögen aus der (systemischen) Psychotherapieforschung. Bei der Auswahl der Fragebögen wurde darauf geachtet, dass sie eine systemische Haltung widerspiegeln, ökonmisch anwendbar sind und einen Mehrgewinn für die Forschung bieten.
Gesundheitsfragebögen
In SysDok werden grundlegende Aspekte der psychischen Gesundheit und gesundheitsbezogenen Lebensqualität erhoben.
Die PROMIS Instrumente werden zur Erfassung der Depressions- und Angstsymptomatik genutzt. PROMIS basiert auf der Methode des computer-adaptiven Testens, bei dem basierend auf vorherigen Antworten der Patient*innen diejenigen Fragen ausgewählt werden, die den meisten Informationsgehalt bieten. Für die Bereiche Angst und Depression werden Sammlungen von Fragen verwendet, sogenannte Itemsets, aus denen die Patient*innen nur eine kleine Auswahl beantworten müssen.
Quelle: Cella, D., Riley, W., Stone, A., Rothrock, N., Reeve, B., Yount, S., Amtmann, D., Bode, R., Buysse, D., Choi, S., Cook, K., DeVellis, R., DeWalt, D., Fries, J. F., Gershon, R., Hahn, E. A., Lai, J.-S., Pilkonis, P., Revicki, D., … Hays, R. (2010). The Patient-Reported Outcomes Measurement Information System (PROMIS) developed and tested its first wave of adult self-reported health outcome item banks: 2005–2008. Journal of Clinical Epidemiology, 63(11), 1179–1194.
Der EQ-5D-5L dient der kurzen Erfassung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität anhand von fünf Fragen. Dabei werden sowohl Aspekte der körperlichen als auch der seelischen Gesundheit berücksichtigt. Durch die Verwendung länderspezifischer Normen kann eingeschätzt werden, wie erstrebenswert ein bestimmter Gesundheitszustand in der jeweiligen Gesellschaft ist. Dadurch lässt sich einschätzen, ob eine Behandlung eine von der Zielpopulation als relevant empfundende Gesundheitsverbesserung bewirkt.
Quelle: Herdman, M., Gudex, C., Lloyd, A., Janssen, MF., Kind, P., Parkin, D., Bonsel, G., & Badia, X. (2011). Development and preliminary testing of the new five-level version of EQ-5D (EQ-5D-5L). Quality of Life Research, 20(10), 1727–1736.
Systemische Fragebögen
Der Pool an systemischen Frageögen in SysDok ist darauf ausgelegt für die systemische Therapie besonders relevante Konstrukte wie das systemische Funktionsniveau, die Beziehungsqualität und Ressourcen zu erfassen.
Im EVOS wird anhand von zehn Fragen die Qualität von privaten Beziehungen erfragt. Patient*innen können ein relevantes soziales System wählen, das sie beurteilen wollen (z.B. Partnerschaft, Familie). Die Fragen decken die Dimensionen "Beziehungsqualität" und "Kollektive Wirksamkeit" ab.
Quelle: Aguilar-Raab, C., Grevenstein, D., & Schweitzer, J. (2015). Measuring social relationships in different social systems: The construction and validation of the Evaluation of Social Systems (EVOS) Scale. PLoS ONE, 10(7).
Der EXIS - Fragebogen beschäftigt sich mit dem systembezogenen Funktionsniveau in verschiedenen sozialen Beziehungen. In SysDok konzentriert sich die Erfassung auf private Beziehungen. Anhand von 10 Fragen werden die Dimensionen "Zugehörigkeit", "Autonomie", "Einklang" und "Zuversicht" erfasst.
Quelle: Hunger, C., Bornhäuser, A., Link, L., Geigges, J., Voss, A., Weinhold, J., & Schweitzer, J. (2017). The Experience in Personal Social Systems Questionnaire (EXIS.pers): Development and Psychometric Properties. Family Process, 56(1), 154–170.
Das ERI dient zur Erhebung von persönlichen Ressourcen der Patient*innen. Anhand von zwölf Fragen werden personale, soziale und strukturelle Ressourcen erfasst.
Quelle: Tagay, S., Düllmann, S., Repic, N., Schlottbohm, E., Fünfgeld, F., & Senf, W. (2014). Das Essener Ressourcen-Inventar (ERI) – Entwicklung und Validierung. Trauma, 12(1).
Prozessfragebögen
SysDok beinhaltet Frageögen zur therapeutischen Beziehung und zu negativen Prozessen.
Das WAI ist eines der meist verwendeten Instrumente zur Qualität der therapeutischen Beziehung. Die therapeutische Allianz wird anhand von 12 Fragen auf den Dimensionen "Ziele", "Prozess", und "Bindung" abgebildet.
Quelle: Wilmers, F., Munder, T., Leonhart, R., Herzog, T., Plassmann, R., Barth, J., & Linster, H. W. (2008). Die deutschsprachige Version des Working Alliance Inventory – short revised (WAI-SR) – Ein schulenübergreifendes, ökonomisches und empirisch validiertes Instrument zur Erfassung der therapeutischen Allianz. Klinische Diagnostik und Evaluation, 1(3), 343–358.
Mit Hilfe des INEPs werden mögliche negative Effekte der Systemischen Therapie untersucht. Durch 21 Fragen werden negative Effekte unerwünschte Ereignisse in den Bereichen der intrapersonellen oder interpersonellen Veränderungen, mögliches therapeutisches Fehlverhalten und Erfahrungen von Stigmatisierung erfragt.
Die Ergebnisse aus dem INEP - Fragebogen werden nicht an Therapeut:innen zurückgemeldet.
Quelle: Ladwig, I., Rief, W., & Nestoriuc, Y. (2014). Welche Risiken und Nebenwirkungen hat Psychotherapie? - Entwicklung des Inventars zur Erfassung Negativer Effekte von Psychotherapie (INEP). Verhaltenstherapie, 24(4), 252–263.
Basisinformationen
Von allen Patient*innen werden soziodemographische Basisinformationen, der sozioökonomische Hintergrund und die bisherige Inanspruchname von psychotherapeutischen Leistungen abgefragt.
Messzeitpunkte
Erstgespräch

Probatorik

Verlauf
Messzeitpunkte über 3 Monate.
Auswahl der Messinstrumente

Abschluss

Katamnese nach 6 Monaten

Katamnese nach 12 Monaten

Katamnese nach 24 Monaten

Lernen Sie das SysDok-Team kennen
Hinter SysDok steht ein großes Team von systemischen Forscher:innen und klinischen Psycholog:innen. Die Entwicklung und Projektkoordination erfolgt am Universitätklinikum Freiburg und an der Universität Ulm. Das SysDok - Team vereint Expertise in Psychotherapieforschung, IT - Entwicklung und Systemischer Therapie.